"Wenn es den Betrieb betrifft, dann sind mir die Werte wichtig. Ich habe hier Mitarbeiter aus allen verschiedenen Glaubensrichtungen, die gemeinsam wohnen und arbeiten. Wir auferlegen hier den Mitarbeitern nicht, dass sie einem christlichen Glauben folgen müssen." (Niklaus Kaiser von Rosenburg)
Niklaus Kaiser von Rosenburg leitet seit 17 Jahren den "Baseler Hof" auf der Esplanade - zwischen Alster und Casino. Vergangene Woche traf ich ihn zum Interview. Für viele Auswandererfamilien aus Südamerika, die in
Hamburg noch Immobilien haben, ist der Baseler Hof ihr Stammhotel. Da werden
die Termine in der Hansestadt mit Geschäftspartnern auch gerne zu den
Zeitpunkten gelegt, wenn das Lieblingszimmer noch verfügbar ist. Und zum ersten Mal erfahre ich von Seehunden in Hamburg - außerhalb des Tierparks.
Der „Baseler Hof“ ist
Mitglied im Verband Christlicher Hoteliers Deutschland. Wie wichtig ist Ihnen
der Glaube?
Ich würde eher sagen, dass mir persönlich die Werte wichtig
sind. Ich bin ein gläubiger Mensch und Glaube ist für mich und meine Familie
wichtig. Wenn es den Betrieb betrifft, dann sind mir die Werte wichtig. Ich
habe hier Mitarbeiter aus allen verschiedenen Glaubensrichtungen, die gemeinsam
wohnen und arbeiten. Wir auferlegen hier den Mitarbeitern nicht, dass sie einem
christlichen Glauben folgen müssen.
"Ein Mitarbeiter, der
stiehlt, der geht."
Sie haben von Werten
gesprochen. Welche Werte sind das?
Das hat viel mit Fairness, mit Ehrlichkeit und dem
menschlichen Umgang miteinander zu tun. Auch in der Frage des
betriebswirtschaftlichen Erfolgs sollte man mit den Mitarbeitern ehrlich
bleiben. Vielleicht klingt das vage.
Dazu ein Beispiel. Die Mitarbeiter können, wenn sie es wissen möchten, jederzeit
erfahren, in welcher wirtschaftlichen Situation das Hotel ist. Ich bin auch der
Meinung, wenn sich irgendein Mitarbeiter sich etwas nicht erklären kann, dann bekommt
er eine Erklärung. In anderen Hotels heißt es da auch schon mal „ Das ist halt
so“ oder „Der Chef hat es so angewiesen“. Dazu gehört aber auch, dass man mit
Kritik umgehen kann. Auch als Chef ist das wichtig. Der zweite Bereich ist die
Tatsache, dass ein Gast ein Gast ist, kein Kunde.
Zimmer mit Blick auf die Alster. |
Das klingt sehr nach
„Miteinander“ und nach einer großen Familie.
Absolut. Hier kommt es auch schon mal vor, dass man
Mitarbeitern hilft - auch im privaten Bereich. Ob das nun Schuldenberatung oder
eine Unterkunft ist, weil er zu Hause rausgeflogen ist. Die Grundvoraussetzung
ist, dass der Mitarbeiter dem Betrieb gegenüber ehrlich ist. Wir hatten allerdings
auch schon Mitarbeiter, die wir haben gehen lassen, weil wir sie beim Diebstahl
erwischt haben. Das ist ein Punkt, der deutlich ist. Ein Mitarbeiter, der
stiehlt, der geht. Das ist ein Grundprinzip.
Aber diese Werte in einem Hotel zu
leben kostet doch heutzutage viel Geld, oder nicht?
Das stimmt. Es ist vollkommen klar: Säßen wir nicht in
dieser 1-A-Lage und hätten die Kleinhuis’ nicht mit viel Sparsamkeit und
christlichen Werten das hier aufgebaut, dann könnten wir das hier auch nicht
leben. Nach dem Krieg und in den 70er, 80er Jahren war es sehr hart, diese Zeiten
durchzustehen. Aber sie haben es geschafft.
Und schwupps ist man in Sportlaune... |
Wie ist ihre Meinung
zu Plattformen wie Airbnb - einer Plattform im Internet, auf der man Privaträumlichkeiten mieten kann?
Da habe ich zwei Meinungen zu. Die eine ist, dass das
Konzept an sich gut ist. Die andere Meinung ist, wer solche Konzepte macht, der
sollte auch Steuern zahlen. Das ist mein Kritikpunkt, den ich daran hätte. Wenn
so ein System zu einer Ungleichbehandlung der Belastung führt, dann ist es
nicht gut. Ein Hotel muss Mehrwertsteuer und Kulturtaxe zahlen – und muss
gewisse Brandschutzverordnungen und Sicherheitsstandards erfüllen. Wenn das im
privaten Bereich nicht erfüllt werden muss, führt das zu einer wirtschaftlichen
Schieflage. Vor allem wenn es die Ausmaße annimmt, wenn jemand in Hamburg mit
vier Eigentumswohnungen über diesen online-Weg Geld verdient.
Alster-Favorit
Wo sind Ihre
Lieblingsplätze in Hamburg?
Als Hamburger ist mein Lieblingsplatz die Alster. Dort habe
ich ein Segelboot, mag das Wasser und den Hafen. Man findet mich also meistens
am Wasser. Hier im Hotel habe ich 135 Mitarbeiter und Gäste um mich. Wenn ich
in Hamburg unterwegs bin, dann suche ich gerne stille Orte auf, wo ich
entspannt über das Wasser blicken darf. Hamburg hat viele schöne Plätze und
Inseln, auch mit Seehunden.
Ach ja? Seehunde und
Inseln? Wo denn?
Zwischen Wedel und Hanskalbsand. Bei Ebbe sind da große
Sandbänke. Dort gibt es Seehunde.
Also hier gibt es in Hamburg Seehunde!
Aber da kommt man
doch nur mit Boot hin, oder?
Ja, das stimmt. Wahrscheinlich wären die Seehunde auch nicht
da, wenn jeder da hin könnte. Die Inseln sind Vogelschutzgebiete. Aber die
Strände kann man betreten. Durch die Tide kann man sich einfach trockenfahren
lassen. Die meisten alten Hamburger Schiffe haben flache Böden. Kurz nach
Hochwasser fährt man dann irgendwo gegen den Strand, wartet eine halbe Stunde
und liegt dann auf dem Trockenen. So hat man zwei bis drei Stunden für einen
Spaziergang, bevor die Flut wieder kommt und man wieder weiterfährt.
Hamburg ist und bleibt ein Dorf
Was ist für Sie das Besondere an Hamburg?
Bis heute merkt man Hamburg an, dann es ein Kern ist und ein
Haufen Dörfer. Ein Eppendorfer ist also vor allem ein Eppendorfer und kein
Hamburger. Die Menschen haben einen ganz starken Bezug zu ihrem Stadtteil – und
bleiben auch erstmal in ihrem Stadtteil. Der Hamburger – wenn er Uhlenhorster
ist – geht er auch in Uhlenhorst abends weg. Daher gibt es Stadtteile mit ganz
unterschiedlicher Atmosphäre. Wenn Sie in Poppenbüttel an der Alsterschleuse
stehen, ist das atmosphärisch ganz anders, als wenn sie ein paar Kilometer
weiter in Ohlsdorf stehen. Das macht die Stadt lebendig. Auch ich entdecke bei
unserer traditionellen Hotel-Oldtimer-Rallye immer wieder neue, spannende
Plätze.
Zum Hotel:
Vor über 100 Jahren wurde das Gebäude des heutigen Hotels
„Baseler Hof“ in Hamburg – zwischen Casino und Alster – erbaut. In den Gemäuern
steckt viel Hamburger Geschichte. Erst war es christliches Kellnerheim und
Herberge für Saisonarbeiter. Schon kurze Zeit später gründete sich das
christliche Hospiz „Baseler Hof“. Unter der Leitung der Familie Kaltenbach
prosperierte das Hospiz – so wurde 1927 umgebaut und investiert. In jedem
Zimmer sollte es einen Zugang zu fließend warmem Wasser geben.
Mit Beginn des
zweiten Weltkrieges folgten auch für den Hospizbetrieb schlechte
wirtschaftliche Folgen. Die Geheime Staatspolizei verbot die Stiftung, die das
Hospiz mitfinanzierte und ordnete die Liquidation des Vermögens an. Bis 1945
musste die Familie Kaltenbach das Hospiz der Einquartierung von
Wehrmachtssoldaten zur Verfügung stellen. Auch nach Kriegsende wurde das Hospiz
weiter besetzt. Britische Soldaten beschlagnahmten die Räumlichkeiten – doch
noch im gleichen Jahr konnte der Hotelbetrieb wieder aufgenommen werden.
In dritter Generation übernahm 1983 Just Kleinhuis. Er
eröffnete das Weinbistro und ebnete den Weg des Baseler Hofs als bekannte
Adresse für Weinkenner, aber auch für eine sozial geprägte Arbeitsweise. Nach dem
unerwarteten Tod von Kleinhuis übernahm Niklaus Kaiser von Rosenburg die
Geschäftsführung. Die beiden Männer verband eine 15-jährige intensive
Zusammenarbeit und enge Freundschaft.
Mein Aufenthalt und das Interview wurde durch den Baseler Hof ermöglicht. Vielen Dank dafür!
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