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Wednesday, February 04, 2015

Ich swinge



Irgendwo im Eastvillage. New York City.

Die Schriftzüge leuchten und blinken in bunten Farben. Immer wieder öffnen sich die Bartüren und Musik schwappt auf die Straßen. Taxen fahren an uns vorbei und spritzen die letzen Schneereste vor unsere Füße. Endlich wird die Fußgängerampel grün.

Immer diese Montage...

Montage gehören nicht zu meinen Lieblingstagen. In Gedanken stecke ich noch im Wochenende. Dort liege ich immer noch unter dem Wal im Naturkundemuseum am Central Park in New York und bestaune das Treiben um mich herum im Ozean-Saal. Ich liege einfach da und lasse das Stimmengewirr der anderen Museumsbesucher auf mich regnen. Und über mir hängt ein Blauwal in Lebensgröße.

"Ist es hier?" - "Ja, müsste es nach der Adresse eigentlich." - "Ich kann nichts sehen. Kein Schild. Keine Tür. Nix. Nur die Treppen, die hier runter gehen."

"Na, dann gehen wir mal da runter", meine ich und wage die ersten Schritte ins Dunkle. Es sind nur wenige Stufen, die ich gehen muss, ehe ich eine kleine Lampe entdecke.

An der Wand steht "Stay Out". Hier sind wir also richtig.

Wir laufen den dunklen Gang weiter. Eine weitere Lampe flackert in dunklem Orange. Diesmal steht an der Wand "Private Property - Quiet Please!" Na, also.

"Password please", raunt man mir hinter verschlossener Tür zu, als ich anklopfe.


Ich schmunzle und nuschle das Passwort der dicken Holztür entgegen. Sie öffnet sich und ich trete ein.






Swinge ich etwa?

Ich sehe erstmal ... nichts. Meine Brille verschlägt. Verdammt, die Brille geht mir langsam echt auf die Nerven. Vielleicht sollte ich nochmal über Lasern nachdenken. Mit meinen Minus-Dioptrin erkenne ich ein großes schwarzes Loch, darunter schwingende Röcke und wehende Arme. Ich bin also mitten auf die Tanzfläche gestolpert. Die Jazzband heizt die Luft mit ihren Saxophon- und Trompetennoten ein, sodass immer schneller werdende Swingschritte um mich herum getanzt werden. Wehendes Haar der Tänzerinnen landet in meinem Gesicht.

Ich drehe mich aus dem Gewusel und treffe auf die Bar. "Wo warst du denn? Du warst plötzlich weg." - "Ja, ähm, hatte mich auf die Tanzfläche verlaufen. Lasst' uns was trinken."


Glucksend vor Überraschung drehe ich an dem Strohhalm und rühre in meinem Gin Tonic. Dieser wird wohlbemerkt aus einer Vintage Teetasse mit Untertasse getrunken. Das gehört hier - in den "geheimen Bars" von New York wie in alten Tagen - zum guten Ton. Schließlich soll die Tradition aufrechterhalten werden und der Schein gewahrt bleiben. Man trifft sich zum Reden. Und zum Teetrinken. Offiziell nicht zum Betrinken. Aber auf alle Fälle zum Genießen.

Gin Tonic aus der Teetasse

Was sonst noch passierte? Joa. Hier die Kurzfassung: Eine Burlesquetänzerin hat sich auf der Tanzfläche bis auf's Höschen ausgezogen, ich wurde zum Swingtanzen ermutigt, die Jazzsängerin tönte alle Oktaven rauf und runter, in den VIP-Raum kommt man durch ein Buchregal und in die Toilette durch eine Telefonbox. Aber das ist eine, ach was sag ich eine, so viele andere Geschichten.

Vielleicht wird Montag doch noch mein Lieblingstag.



// Im Bundesstaat New York, zu dem auch die Stadt New York gehört, galt in den 1920ern/30ern eine Alkoholprohibition. Öffentlicher Verkauf und Ausschank von Hochprozentigem war verboten. In den "Speakeasys"- übersetzt Flüsterkneipen- gab es dennoch einen guten Tropfen. Man musste nur wissen, wo sich diese versteckten. Heute wie damals gibt es für den Einlass ein Passwort. Das gibt es im 21. Jahrhundert auf den Facebookseiten der Bars. Und in den alten Zeiten vielleicht beim Bäcker um die Ecke?//



Willst du auch mal Gin Tonic aus einer Teetasse trinken? Dann besuch' eine Speakeasy-Bar in New York!

Kennst du eine Speakeasy-Bar in deiner Stadt? - Lass' es mich wissen! Meine Montage sollen jetzt immer so spaßig sein! :)


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